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Einbürgerung und Arbeitsmarktintegration

Pläne der Bundesregierung, ein neues Einbürgerungsgesetz zu verabschieden, können sich positiv auf die Arbeitsmarktintegration auswirken.

Einbürgerung als Teil der Arbeitsmarktintegration

Die durch die Einbürgerung erlangte deutsche Staatsbürgerschaft hat Auswirkungen auf die Arbeitsmarktintegration.

Migrationsforscher Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) begrüßt die Pläne der Bundesregierung, die Einbürgerung zu vereinfachen. „Die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft hat eindeutig positive Effekte auf die Integration in den Arbeitsmarkt“, sagt er gegenüber der Rheinischen Post (zitiert im BR).

Eine Studie von Christina Gathmann und Ole Monscheuer von 2020 bestätigt diese Aussage: Vor allem Frauen profitieren von der Einbürgerung.

Folgende Kernaussagen der Studie sind relevant:

  • Die Staatsangehörigkeit eines Landes zu besitzen, ist meist mit Lohnvorteilen verknüpft
  • Die Lohngewinne fallen für Zuwanderer*innen aus ärmeren Ländern höher aus;
  • Eingebürgerte Migrant*innen investieren stärker in ihre Qualifikation, insbesondere ihre Berufsausbildung.
  • In Deutschland profitieren weibliche Zuwanderer*innen stärker als männliche […] der Einbürgerung.“ (Text gekürzt und angepasst)

Die Studie bezieht ihre Ergebnisse allerdings nicht nur auf Menschen mit Fluchthintergrund, sondern allgemein auf Menschen mit einem Migrationshintergrund. Es ist dementsprechend nicht abschließend zu klären, ob die Aussagen dann auch für Geflüchtete zutreffen.

Nichtsdestotrotz kann davon ausgegangen werden, dass eine Einbürgerung positive Auswirkungen auf die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten haben kann.

 

Voraussetzungen für eine Einbürgerung

Die Ampel-Regierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag eine Änderung des jetzigen Einbürgerungsverfahren beschlossen.

Zurzeit gibt es folgende Voraussetzungen für eine Einbürgerung laut der Website des Bundesministerium des Inneres und für Heimat (BMI):

  • Dauerhafter und rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland seit acht Jahren
  • unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung
  • geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
  • Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes
  • grundsätzlich Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit
  • mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen
  • Nachweis über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest)
  • eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen
  • Gewährleistung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, insbesondere keine Verheiratung gleichzeitig mit mehreren Ehegatten
  • keine Verurteilung wegen einer Straftat

Diese Voraussetzungen ergeben sich aus § 10 Absatz (1)Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG).  Eine Erklärung der einzelnen Begriffe findet sich hier.

Ein unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht bedeutet für Geflüchtete in der Regel, dass sie eine Niederlassungserlaubnis besitzen müssen. Die Voraussetzungen dafür können hier nachgelesen werden. Im Allgemeinen müssen mindestens 60 Monate lang Beiträge zu einer Rentenversicherung geleistet worden sein – für einige Geflüchtete mit bestimmten Aufenthaltsstatus gibt es hier allerdings Ausnahmen. In diesen Fällen ist es wichtig, auf den Einzelfall zu gucken.

Die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen bedeutet folgendes: Lebensunterhaltskosten (Nahrung, Kleidung, Unterkunft) müssen selbstständig bestritten werden. Es dürften keine Leistungen vom Sozialamt oder vom Jobcenter bezogen werden. Allerdings gibt es hier die Ausnahme, wenn man unverschuldet kein eigenes Einkommen hat. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man aus betrieblichen Gründen arbeitslos ist und nachweisen kann, dass man sich um Arbeit bemüht hat. Auch kann die Betreuung von kleinen Kindern als Grund anerkannt sein. Sozialleistungen wie zum Beispiel Kindergeld, Rente, Arbeitslosengeld I oder BAföG haben keinen Einfluss auf den Anspruch zur Einbürgerung. (vgl. Vorläufige Anwendungshinweise zum StAG, Nr. 10.1.1.3: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/verfassung/stag-anwendungshinweise-06-15.pdf?__blob=publicationFile&v=6)

Der Nachweis über Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 muss nicht zwangsläufig durch ein Zertifikat erfolgen. Die zuständige Einbürgerungsbehörde kann sich selbst in einem persönlichen Gespräch von ausreichenden Deutschkenntnissen überzeugen.

§ 10 Absatz 6 StAG besagt, dass unter bestimmten Voraussetzungen von Nachweisen über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest) und über Sprachkenntnisse abgesehen werden kann. Dies ist der Fall bei einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder wenn diese Voraussetzungen altersbedingt nicht erfüllt werden können. Im Falle einer Krankheit oder Behinderung wird ein ärztliches Attest als Bestätigung benötigt. Altersbedingte Ausnahmen bei geringeren Sprachkenntnissen gelten ab 65 Jahren oder, falls der oder die Ausländer*in schon seit 12 Jahren in Deutschland ist, ab 60 Jahren. Altersbedingte Schwierigkeiten, einen Einbürgerungstest abzulegen müssen auch durch ein ärztliches Attest belegt werden.

Im Allgemeinen muss bei der Einbürgerung die vorherige Staatsangehörigkeit aufgegeben werden. Es gibt allerdings unter anderem folgende Ausnahmen:

  • Es bestehen seit der Geburt mehrere Staatsangehörigkeiten
  • Andere Staatsangehörigkeit ist aus der EU oder Schweiz
  • Man gehört einer „besonders schutzbedürftigen Gruppe“ an. Als Asylberechtigte*r oder falls Verfolgung im Heimatland droht, muss die Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben werden. Dies wird vom BAMF geprüft.
  • Das Herkunftsland behindert die Abgabe der alten Staatsangehörigkeit. Dies ist zum Beispiel zurzeit (Stand Mai 2023) bei Afghanistan und Syrien der Fall.
  • Die Entlassung aus der alten Staatsangehörigkeit ist nicht zumutbar. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Entlassung mit hohen Kosten verbunden ist.

Nach § 10 Absatz 2 StAG kann „Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers […] mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.“

Nach § 10 Absatz 3 StAG ist eine Einbürgerung schon nach sieben Jahren Aufenthalt möglich, wenn ein*e Geflüchtete*r erfolgreich an einem Integrationskurs teilgenommen (bescheinigt durch das BAMF) hat. Liegen sogenannte „besondere Integrationsleistungen“ vor, ist eine Verkürzung auf bis zu sechs Jahre möglich. Als besondere Integrationsleistungen können folgende Faktoren gelten: (1) nachgewiesene Sprachkenntnisse über B1-Niveau hinaus, (2) besonders gute schulische, berufsqualifizierende oder (3) berufliche Leistungen oder bürgerschaftliches Engagement gelten. Diese Fälle werden von der Einbürgerungsbehörde im Einzelfall evaluiert.

Diese Information stammt von der Website der Integrationsbeauftragten

Es gibt eine Bearbeitungsgebühr von 255 Euro, bzw. 51 Euro bei Minderjährigen, die zusammen mit Eltern eingebürgert werden.

 

Neues Staatsangehörigkeitsrecht

Die Koalition hat bereits bei Regierungsbildung vereinbart, dass die Einbürgerungen schneller möglich werden sollen. und dass Mehrstaatigkeit akzeptiert werden soll. Außerdem soll Einbürgerung schon nach fünf Jahren möglich sein, und nicht erst nach acht Jahren (bei Fällen einer „besonders guten Integration“ sogar schon nach drei Jahren). In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil sich seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhält und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

Mittlerweile liegt  ein Referent*innenentwurf zu den geplanten Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz vor: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/VII5/gesetz-zur-modernisierung-des-staatsangehoerigkeitsrechts.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Zwar sind die obigen Änderungen im Gesetzesentwurf enthalten, es gibt aber auch einige erhebliche Verschärfungen, die auch mittelbar die Erwerbstätigkeit von Geflüchteten betreffen könnten.

Besonders drastische Auswirkungen wird die geplante Verschärfung bei der Pflicht zur Lebensunterhaltssicherung gegenüber der jetzigen Rechtslage angesehen.[1] Bisher besteht gem. § 10 StaG der Anspruch auf Einbürgerung, wenn man den

„Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat“.

Genau diese Ausnahme bei unverschuldetem Leistungsbezug soll jedoch weitestgehend gestrichen werden: Sie soll künftig nur noch für Personen aus der ersten BRD-„Gastarbeiter*innen“- oder DDR-Vertragsarbeiter*innen-Generation gelten. Ansonsten soll man trotz SGB-II / SGB XII-Bezugs nur noch dann einen Anspruch auf Einbürgerung haben, wenn man in den letzten zwei Jahren 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig war und weiterhin ist, oder der Ehegatte diese Voraussetzung erfüllt und man ein minderjähriges Kind hat. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen. 

Diese Verschärfungen würden nun dazu führen, dass all diejenigen, die nicht Vollzeit arbeiten (können) und ergänzende Leistungen vom Jobcenter oder Sozialamt benötigen, vom Einbürgerungsanspruch ausgeschlossen werden. Das können zum Beispiel sein:

  • Rentner*innen mit normaler oder geringer Rente und aufstockendem Grundsicherungsanspruch,
  • Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig sind,
  • Menschen mit Behinderung, die in stationären Einrichtungen leben und ihren Lebensunterhalt über das SGB XII vom Sozialamt erhalten,  
  • Alleinerziehende, die aufgrund der Kinderbetreuung nicht (Vollzeit) arbeiten können und bei denen Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag, Kindergeld und Wohngeld nicht ausreichen,
  • pflegende Angehörige, die nicht Vollzeit arbeiten können und deshalb Bürger*innengeld beziehen,
  • Schüler*innen, die ergänzende SGB-II-Leistungen erhalten,
  • Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind und ergänzend zum Arbeitslosengeld I noch SGB-II-Leistungen beziehen.

 

Weitere Informationen finden Sie auch in dem Artikel Doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland – Neuerungen ab 2024" vom JuraForum.

 


[1] Die Informationen hierzu stammen von der GGUA Flüchtlingshilfe.